Mittwoch, 31. März 2010

Rückblick

Heute ist es schon mehr als ein halbes Jahr her, dass ich die Treppe heruntergefallen bin. Nachwievor laufe ich auf Gehhilfen, was ich mittlerweile auch im Rücken spüre. Muckis in den Oberarmen hin oder her, es bringt mir nicht viel, wenn ich jeden Abend vor Rückenschmerzen kaum liegen kann.
In den ersten zwei Wochen nach meinem Sturz habe ich ja die handelsüblichen geraden Krücken bekommen, die für meine Hände natürlich absolut nicht geeignet sind. Das Sanitätshaus hat sich ebenfalls quer gestellt und wollte mir keine ergonomischen geben, der Arzt müsse sie verschreiben. Mein Arzt wiederum sagte, das Sanitätshaus müsse sie austauschen, was es aber auch nicht machen wollte. Als ich dann schlicht und einfach den Chef sprechen wollte, hatte ich innerhalb von nur 5 Minuten ergonomische Gehhilfen, ohne Aufpreis. Oh Wunder, oh Wunder! Was ein offenes Mundwerk manchmal nicht alles bewirken kann.
Leider half mir mein offener Umgang mit meinen Gedanken bei der Krankenkasse weniger.
Ich bin alleinstehend. Ich lebe alleine und bin gerade einmal 22, bei meinem Sturz war ich noch 21. Auszubildende mit nur einem kleinen Einkommen, behindert, mit einem instabilen Bruch im Mittelfußknochen. Absolut keine Belastung, keine Stöße, nichts durfte an diesen Fuß rankommen, da man im Krankenhaus leider ein wenig faul war, diesen Bruch zu operieren, was normalweise Gang und Gäbe wäre. Da aber keine sogenannte "Korrektur" an meinen "mißgebildeten" Füßen anstand, sah man auch keinen Sinn in einer Stabilisierung des Bruches. Sieht man einmal davon ab, dass ich das Wort "Korrektur" in Zusammenhang mit meiner Behinderung als Beleidigung bis hin zur Diskriminierung empfinde, hätte man den Bruch so oder so operieren müssen, aber nein, am Wochenende herrscht Sparbesetzung.
Schön und gut, hätte ich ja noch mit leben können, aber als mir die Krankenkasse, die eigens für deutsche Angestellte da ist und sich das Motto einer Lebens - Unternehmung auf die Fahne geschrieben hat, weder eine Hilfe für den Haushalt, noch aufgrund meiner chronischen Erkrankung die 1%-Beteiligung genehmigen wollte, ist mir wirklich der Kragen geplatzt.
Ich müsse wenn schon alleinerziehend und ein Kind unter 12 haben ... okay, ich hätte ja meinen Freund fragen können, ob er es mir mal eben macht, aber wir hätten es nie innerhalb von nur wenigen Wochen zur Welt bringen können. Eines adoptieren? Nein, dafür waren wir zu jung.
Wie soll ich bitte einkaufen, einen Haushalt führen und putzen, alleine und mit einem nicht belastbaren, gebrochenen Fuß? Darauf wollte mir die ach so nette Dame keine Antwort geben. Ich solle meine Behinderung auch nicht so aufspielen. Ahja, und das nennt man Unternehmen Leben. Na herzlichen Dank.
Schlussendlich hatte ich meinen Freund und seine Familie, wo ich sehr, sehr dankbar für war.
Dank ihnen konnte ich so weit es ging sorgenfrei genesen.
Als ich wieder Zuhause war, hatte ich einen Rollstuhl. Nach einiger Zeit der Übung, habe ich mich mit dem auch nach draussen getraut bzw. habe es mir zugetraut, auch im Bus mit zu fahren und eben solche Hürden zu bewältigen.
Ich habe selber eine Freundin, die im Rollstuhl sitzt. Bewundert habe ich sie natürlich schon immer, wie selbstverständlich sie alles nahm, aber andererseits dachte ich auch daran, dass ich vieles, wofür andere mich aufgrund meiner Behinderung bewundern, für selbstverständlich nehme. Anders konnte es bei ihr da auch nicht sein.
In diesem Moment habe ich sie um ihren Leichtflitzer beneidet. Meiner war ein handelsüblicher Rollstuhl, den man eher in Krankenhäusern schiebt, anstatt ihn im Verkehr per Hand fortzubewegen. Dennoch hielt es mich nicht davon ab, mich zumindest einmal mit ihr zu treffen. Ein gebrochener Fuß und ein Rollstuhl halten mich noch lange nicht auf, mein Ding zu machen!
Im Endeffekt kann ich sagen, dass ich so einiges erlebt habe, wo ich nur noch dachte: Was geht nur in den Menschen vor ....

So, nun Schluss für heute, morgen gibt es mehr von meinem Rückblick :)