Sonntag, 5. Februar 2012

Ziemlich beste Freunde

Mein Freund und ich waren heute in diesem Film und fanden ihn einfach großartig. Wir waren fasziniert.
In diesem Film geht es um einen querschnittgelähmten, reichen und adligen Mann, der einen neuen Pfleger sucht, da er vom Hals an abwärts gelähmt ist. Viele Bewerber kommen an diesem Tag, alle schniek angezogen; bis auf Driss. Er kommt nur, um einen Stempel für seine Arbeitslosenunterstützung zu erhalten; den er zunächst aber nicht bekommt. Phillipe, neugierig auf den vorlauten Mann aus der Vorstadt geworden, beginnt die Wette mit ihm, dass er es keine zwei Wochen aushalten würde.
Mit dieser Wette beginnt eine Geschichte wie nur das Leben sie schreiben kann.
Driss, gerade aus dem Gefängnis entlassen und von Zuhause rausgeworfen, begegnet Phllipe, der ein recht sorgloses Leben führen konnte.
Phillipe findet in Driss einen passenden Weggefährten, der ihm beibringt, dass es nicht immer Rücksicht oder Mitleid gegenüber behinderten Menschen bedarf, egal, wie schwerwiegend diese auch ist.

Bei allen Filmen, selbst bei den Harry Potter Filmen, sind die Leute immer direkt zu Beginn des Abspanns aufgestanden, haben laut geplaudert und waren meist vor der Hälfte des Abspanns bereits alle draußen; nicht bei diesem Film, das war bemerkenswert! Der Abspann begann und alle blieben sitzen, kein Mucks war zu hören, nicht mal ein Seufzen. Etwa zwei Minuten nach Beginn des Abspanns sind die ersten aufgestanden und andere folgten, still und leise, nur vereinzelte, leise Gespräche konnte man vernehmen. Kaum zu glauben! Spätestens jetzt verstand ich umso besser, warum es so schwer war, Karten für diesen Film zu bekommen. Als ich mir den Infotext zu diesem Film durchgelesen hatte, hatte ich so meine gewissen Zweifel, ob da überhaupt jemand in diesen Film gehen würde, wer will denn schon einen Film sehen, in dem es um einen Behinderten geht (ganz nach diesem Motto)? Als er bereits in der zweiten und dritten Woche war, konnte ich meinen Augen nicht trauen: Sämtliche Veranstaltungen waren ausverkauft. In dieser Woche war er bereits die fünfte Woche in den Kinos und noch immer im größten Kinosaal am laufen; paralell dazu noch in einem anderen.
Während die Geschehnisse ihren Lauf nahmen, konnten wir kaum aufhören zu lachen und an den besonderen Stellen kamen wir auch nicht umhin mitzufühlen. Man kann viel und nichts über diesen Film sagen, außer, dass er einfach großartig und alle mal sehenswert ist. Nicht zuletzt, weil er für mich auch einen persönlichen Hintergrund hat. Es wurde gezeigt, dass Behinderte nicht zwangsläufig auch dumm oder gleichzeitig geistig behindert sein müssen, wie es doch sehr oft vorkommt, nicht zuletzt der Medien wegen.
Für mich gab es sowas wie einen Aha-Effekt, er hat mir geholfen zu verstehen, wie mein Freund mich sieht: Eben so, wie ich bin, WER ich bin, innen drin. Die Behinderung ist da nur nebensächlich, man vergisst sie, wenn man die Person neben sich hat, die man liebt und wenn man einfach die Person an sich selbst liebt. Auch wenn er es mir immer und immer wieder erklärt hat, ich habe es nicht verstanden. Wie auch? Mein Leben lang habe ich mitbekommen, dass man behinderte Menschen nicht lieben kann und wer will später mal schon freiwillig behinderte Kinder bekommen? Diese ganze PID-Geschichte hat das Ganze nicht unbedingt gefördert ... Doch nun denke ich, habe ich eine Ahnung, ein Wissen davon, warum mein Freund mich noch immer liebt und an meiner Seite bleibt. Gedanken, wie zum Beispiel, dass ich nicht liebenswert sei, abstoßend, etc. finden vielleicht endlich ein Ende, sind womöglich ihren Weg zuende gegangen, nachdem sie so lange meine stetigen Begleiter waren; zumindest in diesem Punkt. Die nächste große Herausforderung wartet allerdings auch schon auf mich: Eine Tandempartnerin für Japanisch! Dieses Mal wurde sie nicht wirklich vermittelt, nein, ich bin selbst auf sie zugegangen, als sie uns vorgestellt wurde. Meine Güte, ich bin innerlich tausend Tode gestorben! Es fällt mir nachwievor so schwer, mit anderen Menschen zu kommunizieren, auch wenn ich es durchaus kann! Was das Berufliche angeht, so habe ich das ganz und gar drauf, ich habe keine Hemmungen, nichts; geht es aber ums Persönliche, darum, Freunde zu machen ... Da sitzt meine Vergangenheit einfach noch viel zu tief. Durch mein Studium der Chinastudien habe ich zwar gelernt, dass es durchaus Leute in meinem Alter gibt, denen das absolut nichts ausmacht und allesamt nett zu mir sein können und dass sie mit einem reden, wenn man sie einfach so anspricht, aber das muss wohl noch etwas weiter durchsickern bei mir ...
So oder so, ich bin sehr froh, dass ich mir diesen Film angesehen habe, vor allem aber mit meinem Freund, hat er mir doch die Augen geöffnet, dass behinderte Menschen geliebt werden können; oder, um es genauer auszudrücken: Dass ICH auch geliebt werden kann, TROTZ meiner Behinderung; bei anderen hatte ich mysteriöserweise nie meine Zweifel.
So beende ich meinen Beitrag heute mit folgender Nachricht an meine bescheidene Leserschaft:
Seid euch gewiss, auch ihr werdet geliebt und werdet jemanden finden, der zu euch passt. Sucht nicht nach ihm/ihr, sondern lasst der Zeit und dem Leben freie Hand. Für euch wird gesorgt, genau dann, wenn ihr es am wenigsten erwartet!

2 Kommentare:

Mari hat gesagt…

Hoffentlich komme ich auch noch dazu, mir den Film anzuschauen. Ich habe neulich im Fernsehen einen Bericht darüber gesehen, und war sehr angetan, aber wie du, ehrlich gesagt auch erstaunt, dass der Film so viel Zuspruch findet. Aber offensichtlich ist er wirklich einfach nur sehenswert.

Das Orangenmaedchen hat gesagt…

Mari, du solltest ihn dir wirklich anschauen! Und wenn ich persönlich dafür sorgen muss!
Der Film ist wirklich erstklassig, man konnte so herzhaft lachen. Wenn man bedenkt, dass es wirklich auf echten Tatsachen beruht ... Dann beeindruckt der Film umso mehr.